Aus der Stille heraus. Teil 3.
Parallele Welten. Vor einigen Tagen haben wir, Juanjo und ich, einer Freundin beim Transport eines Elektrogerätes geholfen. Der erste Impuls war, wie so oft in solchen Situationen, ein Auto zu mieten und das Gerät damit von A nach B zu transportieren.
Als ich am Morgen noch einmal schnell in Googlemaps schaue, um zu sehen wo wir denn eigentlich hin müssen, um das Gerät abzuholen, wird mir bewußt, dass es nicht weit ist, ein knapper Kilometer. Während ich aus der S-Bahn heraus die Stadtlandschaft an mir vorüberziehen lasse, kommt mir der Gedanke, dass es sich eigentlich nicht lohnt, für solch eine kurze Strecke extra ein Fahrzeug zu mieten. Tragen? Hmmm, man wird ja schon älter. Lastenfahrrad? Tja, hätte ich eher nachgeschaut, hätte ich…. Sackkarre? Würde gehen, aber woher nehmen, wenn nicht stehlen?
Mit diesen Gedanken beschäftigt erreichen wir den Treffpunkt und weil wir bei den Öffis immer „Luft“ einplanen, tun wir das einige Minuten vor der verabredeten Uhrzeit. Und entdecken: Unser Treffpunkt ist genau vor einem Fahrradladen und durch die Tür sehe ich nicht eine, nein, gleich ZWEI Sackkarren vor der Ladentheke stehen. Dahinter erahne ich den Hüter des Ladens und der Sackkarren.
Wir warten auf die Freundin, holen das Gerät, um das es bei dieser Aktion geht, aus dem ersten Stock auf den Bürgersteg. Eigentlich würde Juanjo jetzt ein Auto leihen, wir erwähnen die Alternative und wägen ab. Die Entscheidung fällt zu Gunsten der Sackkarre aus.
Also heißt es rein in den Fahrradladen, um den Hüter zu fragen, ob wir, statt Auto zu mieten, für die kurze Zeit eine der beiden Sackkarre ausleihen können. Prinzipiell ja, ist die Antwort. ABER das geht nur digital, über eine App. Denn der Laden ist anscheinend nur Abholstation. Ich wäre an dieser Stelle schon raus aus der Geschichte, denn ich habe nach wie vor kein Smartphone und somit keinen Zugang zum Internet, wenn ich nicht an meinem Laptop sitze. Aber meine Freundin hat eins, recherchiert also, wie sie die Sackkarre mieten könnte. Geht, aber Bezahlung nur mit Paypal. Tja, hat sie nicht.
ALSO stehen wir, Juanjo und ich, vor dem Laden und bewachen die Waschmaschine. Denn Berlin ist Berlin und man weiss ja nie. Meine Freundin steht vor der Ladentheke und verarbeitet die Unmöglichkeit, eine der beiden direkt neben ihr stehenden Sackkarren ausleihen zu können, der Hüter hinter der Ladentheke zuckt die Schultern, ich kann durch die Scheibe der Ladentür nicht mit Sicherheit sagen, ob mit Bedauern oder mit Gleichgültigkeit, und will ihm nichts unterstellen.
Aus der Welt gefallen. Wie einfach wäre es gewesen, wie einfach hätte es sein können. Perso hinterlegen, Gerät auf die Sackkarre, Transport erledigen, Sackkarre zurück, Perso wieder in die Brieftasche, Leihbetrag auf die Theke, Danke, Tschüß, alles gut, alle zufrieden. Insgesamt vielleicht ’ne Stunde.
Wir haben letztendlich tatsächlich ein Auto gemietet. Und ich bin mir sicher, dass an diesem und vermutlich an vielen anderen Tagen niemand eine der beiden Sackkarren ausgeliehen hat.