I. BERLIN Herzberge. Die Jungfernfahrt

Gut, es ist noch nicht der eigentliche Aufbruch zu der Reise, die mich mit dem KUKUmobil den europäischen Kontinent erkunden lassen wird. Aber es das erste Mal, dass das KUKUmobil auf seinen eigenen Rädern rollt. Irgendwie fängt schon alles damit an: 

DER GROSSE TAG _ Das KUKUmobil auf Jungfernfahrt

Der 01.Januar war schon ein besonderer Tag. Da zog der Webstuhl in das KUKUmobil ein. Aber jetzt, jetzt ist es  DER TAG, der ja irgendwann kommen sollte und kommen musste, herbeigesehnt und doch auch etwas melancholisch, wie das so ist mit Abschieden und Aufbrüchen. Erinnerungen aus der Vergangenheit wirbeln durcheinander mit Versprechungen aus der Zukunft. So wie die Begegnung zweier Flüsse, die ineinanderfließen.

7. Januar 2023, ein Tag nach dem Dreikönigstag. Ein Tag für den Kalender. Ein Samstag. Viel grau, streckenweise schüchtern-sonnig, aber wenigstens trocken.  Ganz still ist es auf dem Hof. Wochenende halt und noch immer ist eine kleine Benommenheit spürbar und das neue Jahr, mit all seiner Geschäftigkeit, scheint noch nicht so recht angekommen zu sein. Ein halbes Jahr haben wir uns sehr wohl gefühlt auf diesem Hof. Wie eine Gebärmutter hat er uns umschlossen und behütet, hat das KUKUmobil wachsen sehen, bis es „reif“ war. Jetzt ist der Moment gekommen,  gemeinsam die Welt zu erkunden. Voller Dankbarkeit gehen meine Gedanken zurück bis in den Mai, als Kai den Anhänger und das Holz für die Fassade brachte. So viele Stunden Planung und Umsetzung. So viele helfende Hände, … Und Gudrun, der ich nicht genug werde danken können für ihre Zeit, ihr Wissen, ihre Energie……

Gudrun hat während der letzten Tage Stunden um Stunden gearbeitet, damit das KUKUmobil zwar nicht ganz vollendet, aber doch fahrbereit ist. Fast hätten wir uns wohl die Klinke in die Hand geben können, als sie das letzte Werkzeug einpackte und ich kam, um die letzten Vorbereitungen für die große Fahrt zu treffen.

Schön steht es da, in seiner schlichten Form. Fast fällt es nicht auf, dass die grüne Plane noch ein Provisorium ist, und das endgültige Dach noch fehlt. So schlägt das Grün noch ein letztes Mal die Brücke zur Rakete, die über ein halbes Jahr hinweg in engem, kollegialem Aufmerksamkeits-Wettbewerb zum KUKUmobil stand.

Für 11 Uhr habe ich mich mit dem Fahrer verabredet, ist der „Kreissaal“ sozusagen belegt. Uli soll dazukommen und Hilfestellung leisten, falls es sich erweist, dass mehr Körperkraft nötig ist, als die kleine Portion, die ich beisteuern kann. Berthild, die uns während der Bauzeit öfter mal besucht hat, immer mit einem Mitbringsel in der Tasche am Lenker ihres Tretrollers, hat sich auch heute angemeldet um den denkwürdigen Augenblick photographisch zu dokumentieren.

Um 10 Uhr habe ich dann die „Geburt“ eingeleitet. Die Nacht davor habe ich vor Aufregung kaum schlafen können. Dabei hatte ich mich nach langem Hin und Her und einem Blick auf das schrumpfende Budget doch dazu entschieden, ein Transportunternehmen zu kontaktieren. Über eine Empfehlung eines Mitglieds aus der FB Gruppe Tiny House Deutschland und einige Telefonate bin ich dann schließlich bei Martin Brunow gelandet (www.mb-autotrans.com). Als er mich am Freitagabend anrief, um den Termin zu bestätigen, ging es mir schon eine ganze Ecke besser. Es war klar: da kommt jemand, der weiß, was er tut. Darauf kann ich mich verlassen.

Wenn ihr also irgendwann mal jemanden sucht für einen Transport, der freundlich, geduldig und souverän dabei ist, dann meldet euch bei ihm: martin.brunow@gmail.com

 

Schritt 1: Das Nummernschild_

Endlich ist es also soweit, das KUKUmobil bekommt seinen offiziellen Namen und darf sich damit mit allen anderen Gefährten auf den Straßen der Welt tummeln.

Schritt 2: Den Anhänger rollbar machen _

Es ist an der Zeit, die Stützen unter dem Anhänger zu entfernen, also weg damit. Uli hat das Stützrad an der Deichsel so weit wie möglich gekurbelt, um den Anhänger etwas anzuheben und damit die Stützbeine so weit zu entlasten, dass wir sie wegkicken können.

 

Schritt 3 _ Zurren und Ratschen

Wer hätte gedacht, das ich mal mit so großer Selbstverständlichkeit Zurrgurtratschen bedienen würde, wie ich das sonst mit Gobelinpinnen tue. Vor einem Jahr musste ich noch lange darüber nachdenken, wie diese Dinger funktionieren und von welcher Seite denn nun dieser blöde Zurrgurt eingefädelt werden muss.

Das KUKUmobil hat im Innenraum 8 Fixierungspunkte für den Webstuhl. Damit sollte er gut abgesichert sein. Das werden wir gleich ausprobieren. Auch die große Fensteröffnung haben wir noch einmal mit einem Zurrgurtkreuz verstärkt. Dort soll später auch noch eine Schutzplane davor kommen, für die Reise auf den Straßen Europas.

Foto: Berthild Lorenz

 

Schritt 4 _ Martin kommt

Ja, Martin kommt, und mit ihm die Gelassenheit und Professionalität und … ein großes Auto. Ich hatte zwar vorher schon Fotos von den „Tatorten“ geschickt, aber nichts ist besser, als sich vor Ort umzuschauen. Das tat er und dann ging es gemeinsam ans Werk. Wir haben die Reifen auf ihren Druck überprüft. Das tat Not. Nach eineinhalb Jahre rumstehen und einem halben Jahr bebaut werden waren die froh, etwas Luft zu bekommen. Martin hatte seinen kleinen Kompressor dabei. Also war das schnell erledigt.

Eigentlich konnte es jetzt losgehen. Da das KUKUmobil mit der Deichsel nah am Container stand, musste es zuerst ein wenig mit Menschenkraft bewegt werden, bevor das Fahrzeug angekoppelt werden konnte. So richtig wollte es nicht ins Rollen kommen. Das war nicht eingeplant. Irgendetwas schien zu bremsen.

Erst das Quietschen brachte uns auf die Spur. Ihr erinnert euch vielleicht, dass wir den Bau des KUKUmobils „unter Null“  begonnen haben, nämlich mit der Unterfütterung der Anhängerplattform. Nun, mit voll aufgepumpten Reifen und vollem Gewicht von oben haben die Räder etwas zu wenig Spielraum. Wenn der Boden nicht ganz eben ist, oder das KUKUmobil nicht ganz ausgeglichen steht, dann kommt es zum leichten Kontakt zwischen Reifenprofil und Unterplatte.

Damit hatten wir nun gar nicht gerechnet und mir wurde für eine Sekunde schwindelig. Gut, dass „Geburtshelfer“ Martin die Ruhe bewahrt hat und wir den Ausgleich zumindest so weit herstellen konnten, dass die Fahrt losgehen konnte. Aber definitiv werde ich mich damit auseinandersetzen müssen. Schon allein des Quietschens wegen. Doch das später. Eine Lösung wird sich schon finden. Stoßdämpfer einbauen, Dämmung teilrückbauen, kleinere Reifen aufziehen … ??? Gibt es noch kleinere Reifen??

 

Schritt 5 _ Raus aus dem Hof, rein in die Welt

Aber eins nach dem anderen. Für die kurze Strecke, die heute zurückzulegen ist, geht es.

Hört ihr das Quietschen?! Genau das meinte ich vorhin. Es geht. Mal. Aber nicht auf Dauer. Da ist es auch keine Lösung darauf zu hoffen, dass sich das Reifenprofil schnell abnutzt.

Aber wo ich schon das Bild der „Geburt“ bemüht habe, in der Hoffnung, euch auf diese Weise hineinzuholen  in meine Gefühlswelt an diesem Tag, diese besondere Mischung von Freude und Sorge, von Überraschung, Erwartung und Dankbarkeit, klingt es wie der erste Schrei. Es lebt!

Hallo Welt, wir sind bereit, dich voller Staunen zu bereisen, zu lernen, zu teilen, zu erzählen und zuzuhören…..

Foto: Berthild Lorenz

 

Schritt 6 _ Auf die Waage mit dir

Klar haben wir die ganze Zeit während der Bauens das Damoklesschwert der Gewichtsfrage über uns gespürt. Gudrun hat immer mal wieder durchgerechnet, wo wir stehen könnten/sollten, laut Materialverbrauch. Manche Holzplatte ist aus diesem Grund etwas dünner ausgefallen als ursprünglich geplant. Bei allem waren wir zuversichtlich und doch neugierig, wie schwer das KUKUmobil nun tatsächlich ist.

Da eine Fahrzeugwaage auf dem Weg lag und Martin sich bereit erklärt hat, diesen kleinen Schlenker zu tun, haben wir diese große Unbekannte gelüftet: 3,180 t sagt die Waage. Kurz hat es mich durchzuckt, weil ich irgendwie diese magischen 3 t im Kopf hatte. In meiner inneren Aufgewühltheit sah ich schon das nächste Problem auf mich zurollen, wie ein Wellenkamm auf stürmischer See.  Ein Blick auf den Fahrzeugschein hat mich beruhigt. Ich darf, nee der Anhänger darf 3,5 t. Also bleibt ein bisschen Luft, wenn auch nicht viel, denn im KUKUmobil ist gerade nichts zu viel, aber einiges fehlt noch: die letzte Schicht auf dem Dach, die Elektrobox, der Deichselkasten mit Inhalt, die Wolle, die Schlüpfer und meine Zahnbürste…..

Es wird also spannend  bleiben. Aber immerhin haben wir jetzt einen Richtwert und können mit der Koffer-, Brief- und Personenwaage weiterarbeiten. 🙂

 

Schritt 7 _ Das Ankommen am neuen Standort

Am Museum Kesselhaus standen Peter und Juanjo schon bereit für den Fall, dass helfende Hände von Nöten sein sollten. Dem war aber nicht so. Es hat alles wunderbar geklappt.

 

 

Nun steht es da, das KUKUmobil, in seinem neuen Umfeld, und neue Aufgaben warten auf mich:

– jemanden zu finden, der sich des Deichselkastens und der Fertigstellung des Daches annimmt;

– jemanden zu finden, der mir dabei helfen kann, das Quietschkonzert abzustellen;

und dann endlich:

– den Webstuhl vorzubereiten, die Reise nach Cottbus zu organisieren, die Route zu planen.

Jetzt brauche ich aber erst einmal etwas Zeit, um die Wogen in mir wieder zu glätten und etwas Luft zu holen.

 

Übrigens sind auch hier Besuche willkommen. Meldet euch bitte per Mail, weil ich noch keine Routine habe und die Zeiten sicherlich sehr unterschiedlich sein werden. Ich meine, auch von außen sieht es natürlich schön aus und der Herzberger Landschaftspark ist immer einen Besuch wert…. Ist nur, falls euch daran liegt, mich dort anzutreffen……