2017 _ BERLIN _ „Nach Strich und Faden“ (de)

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Nach Strich und Faden

Die Redewendung „nach Strich und Faden“ ist eine Qualitätsaussage und bedeutet, etwas gut, gründlich, nach allen Regeln (der Kunst) und vollständig tun bzw. getan zu haben.

Die Begriffe stammen aus dem Weberhandwerk: Strich steht für die Faserrichtung bei einem aufgerauten Gewebe (Tuch), Faden für den Fadenbruch oder gebrochenen Faden. Man prüfte nach dem Weben, ob die Arbeit hinsichtlich des geforderten Webmusters – des Striches – korrekt (in Farbe, Muster, Festigkeit) ausgeführt worden ist und ob kein Fadenbruch vorliegt. Fiel diese „Prüfung nach Strich und Faden“, positiv aus, war das gewebte Stück korrekt und gründlich hergestellt worden.

Der Begriff fand während des 19. Jahrhunderts als Redewendung in die Sprache Eingang.

Heute wird sie meist in negativem Sinn gebraucht, z. B. nach Strich und Faden betrügen – jemanden völlig und mit allen Tricks hintergehen, oder auch jemanden nach Strich und Faden verprügeln.

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Wenn wir einen Blick in die Vergangenheit werfen, können wir beobachten, wie alle handwerklichen Tätigkeiten, denen der Mensch zur Sicherung seines Lebensunterhalts nachgegangen ist, früher oder später über ihre reine Zweckbestimmung hinaus auch Ausdruck seines schöpferischen Schaffensdrangs wurden.

Töpfern, Flechten, Weben, dienten zum Schutz, zum Aufbewahren und Transportieren, aber soweit es die Lebensbedingungen zuließen, eben auch zum Schmücken, Verschönern und Wohlfühlen, zum Unterscheiden und zum persönlichen Gestalten. Wo handwerkliche Fähigkeiten und künstlerische Begabung Hand in Hand gingen, entstanden Kunstobjekte, deren Zweck nicht mehr allein oder gar nicht mehr in der Nutzung lag, und diesem oder jener war es möglich, den Lebensunterhalt mit der kunsthandwerklichen Tätigkeit zu bestreiten.

Kunsthandwerker zogen durch die Lande, um ihr Können anzubieten, und dieses durch Abschauen, Nachahmen, Erneuern zu verbessern und zu erweitern. Dieser Austausch von Techniken, von schriftlichen und bildhaften Referenzen stellte einen wichtigen Bestandteil der gegenseitigen kulturellen Bereicherung dar und machte damit die umherziehenden Handwerker zu Bot- und, Kundschaftern ihrer jeweiligen Kulturen.

Textilien boten und bieten dabei einen großen Vorteil: da unzerbrechlich, leicht zu transportieren, auf- und abzubauen, aus- und aufzurollen, an- und auszuziehen sind sie in der Lage, uns schnell und intensiv das Gefühl von “bei uns” und “wir” zu vermitteln, also perfekte Identitätsträger. Nicht umsonst haben alle nomadischen Völker einen reichen Schatz an textilen Objekten, von Kleidung und Trachten über textile Raumelemente, mit denen sie ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gemeinschaft oder einer konkreten Region Ausdruck geben.

Textilien haben aber auch einen grossen Nachteil, vor allem für die Historiker, so pflegeleicht sie auch im Gebrauch sein mögen, so vergänglich sind sie, wenn sie nicht angemessen aufbewahrt werden. Das mag ein Grund dafür sein, dass von all den textilen Objekten, die in der Vergangenheit hergestellt wurden, nur ein Bruchteil erhalten geblieben ist.

Einzelne Bildwirkereien aus dem 11. Jahrhundert zeugen von der Webertradition im mittel- und nordeuropäischen Raum. Basel und Strassburg, oder die Niederlande, waren vor und im 15. und 16. Jahrhundert bekannte Produktionszentren. Und wir können annehmen, dass eine nicht geringe Zahl von Weberinnen ihr kunsthandwerkliches Können unter Eigenregie anbot und ihren Lebensunterhalt dadurch bestritten, was für Frauen zur damaligen Zeit nicht selbstverständlich war. Sie reisten durch Europa , um hier oder dort Bildteppiche zu weben, welche die Heime oder Repräsentationsstätten ihrer betuchten Kunden schmückten.

Wie in vielen anderen gab es auch im textilkunsthandwerklichen Bereich einen Moment der Verlagerung von dem, was man als Heimproduktion bezeichnen könnte, hin zu einer eher wirtschaftlich orientierten Gewerbestruktur, aus der die bedeutenden Manufakturen hervorgehen sollten. Diese befanden sich über lange Zeit hinweg in Männerhand, bis…… ja, bis gerade das textile Kunsthandwerk oft wieder mit Herd und Heim assoziiert und somit neuerlich zur Frauendomäne wurde. Wie immer gibt es auch hier Ausnahmen, aber im Grossen und Ganzen lässt sich doch feststellen, dass mit Verringerung der geschäftlichen und gesellschaftlichen Relevanz der Wirkerei es die Frauen gewesen sind, die sich im hohen Masse und wieder in Eigenregie um die Bewahrung der Technik und der Tradition dieses Kunsthandwerkes gekümmert haben und kümmern. So schliesst sich der Kreis in Zeit und Raum.

Im September besteht die Möglichkeit, im Sebastian-Haffner-Zentrum an der Prenzlauer Allee 227/228 einiges von dem nachzuvollziehen, was die hier kurz umrissene Geschichte der Bildwirkerei kennzeichnet.

Die aus Deutschland gebürtige Künstlerin Andrea Milde widmet sich der Kunst des Webens von Bildteppichen, die sie in Frankreich erlernt hat und seit über 30 Jahren ausübt. Arbeit in Eigenregie, von der Zeichnung bis zum Teppich; Bewahrung einer althergebrachten Technik als Ausdrucksmittel aktueller Inhalte; Bilder und Räume, textile Wände und fadenfeine Erzählungen aus ihrer spanischen Wahlheimat, die Spuren einer Wanderschaft von Nord nach Süd und von West nach Ost, all dies bildet den Leitfaden dieser Ausstellung von Bildwirkereien aus drei Jahrzehnten. Vor allem aber ist sie, und das nach Strich und Faden, eine unmissverständliche Liebeserklärung an die Langsamkeit. Unsere Empfehlung: bringen Sie Zeit mit.

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SO, weiter geht es mit den Vorbereitungen für die Ausstellung im September. Gerade hat eine kleine Erschütterung in Berlin stattgefunden. Das Epizentrum befand sich im Gebäudes Nummer 22, in der Fichtestrasse. Es sind glücklicherweise keine Schäden zu verzeichnen, weder unter den Bewohnern, noch am Gebäude.

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Die Ursache ist vermutlich ein Stein, der den Angaben einer sicheren Quelle zufolge der Bewohnerin der Wohnung im 4.Stock vom Herzen gefallen ist, nachdem sie einige Pakete aus Spanien erhalten hat. Wir freuen uns über diesen positiven Anlass und laden alle Leser ein, sich ab dem 07.09 von dem Inhalt dieser Pakete begeistern zu lassen.

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28.08.2017

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Es geht gut vorran. Schön, wenn Inhalt und Raum so wunderbar mieinander kommunizieren.

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Auch die kleinen Aufbaupausen wollen genutzt werden. Das heisst Zeit für den Computer, die Social Media und das eifrige Rühren der Werbetrommel.

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Deshalb,und weil er mir wirklich sehr gut gefallen hat, möchte ich euch einladen, den virtuellen Raum von Maja Peltzer zu besuchen. Er hat den verlockenden Namen :„Der fremde Faden“ und der Artikel, der dort über mich und meine Arbeit erscheint, ist das Ergebnis einer Reihe von Gesprächen, die wir miteinander geführt haben, bei denen es um das Weben von Bildteppichen und Lebensentwürfen ging, aber auch um Berlin und Madrid, um Südamerika, Spanien und Deutschland, um die Erfahrungen von Wanderungen die unterschiedliche Welten verbinden, um Vergangenes und zukünftige Projekte, wie das KUKUmobil.

Deshalb gibt dieser Artikel auch über die konkrete Information zur Austellung „Nach Strich und Faden“ hinaus einen Überblick über DEN Faden, der all mein Schaffen durchzieht. Niemand ist besser geeignet als ich, nur zu vertraut mit meinem üblichen Wirrwarr von Gedanken, Ideen und Plänen, um zu erkennen, wie gut es der Autorin gelungen ist, dieses Wirrwarr aufzudröseln und für andere nachvollziehbar zu machen.

Eine Kunst für sich. Danke, MAJA.

Hier der Link

Und ich glaube, ich muss nicht extra erwähnen, dass ich mich über einen Besuch der Ausstellung SEHR freuen würde.

Ausstellungseröffnung: am Donnerstag, den 7.09.2017, ab 16:00 Uhr.

Ort:
Kultur- und Bildungszentrum Sebastian Haffner, Prenzlauer Allee, 227/228, Raum 108, im Hauptgebäude, erste Etage.

Öffnungszeiten der Ausstellung:
Dienstags bis sonntags, von 10:00 -18:00 Uhr, montags geschlossen. Eintritt kostenlos.

Dauer der Ausstellung: Bis 30.09.2017

 

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Nun ist sie eröffnet, die Ausstellung. Seit vergangenen Donnerstag. DANKE allen, die bei der Eröffnung dabei waren, DANKE an alle guten Geister, die für ihr Zustandekommen mitverantwortlich sind, sowohl in Spanien als auch in Berlin.

Frau Roggenhofer, Herr Benn und Andrea Milde, bei der Eröffnung der Ausstellung „Nach Strich und Faden“, Kultur- und Bildungszentrum Sebastian Haffner, Prenzlauer Allee 227/228.

DANKE an die VHS Pankow, konkret an ihre Direktorin Frau Roggenhofer, und an den Bezirksbürgermeister Herrn Benn, für ihr Kommen, ihre Worte zur Ausstellungseröffnung, und ihr aufmerksames Ohr bei der ersten Führung.

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Frau Eifler bei der Ausstellungseröffnung. Foto: Mit freundlicher Genehmigung von ©Jana Siedentopf

DANKE auch, und vor allen anderen, an Frau Eifler, die Verantwortliche der Kulturabteilung der VHS Pankow, für ihr Vertrauen in mich und meine Kunst.

Sie war es, die über das reine Interesse an einer Eingliederung der Bildwirkerei in das Kursangebot der VHS ab Februar 2018 hinaus, die Gelegenheit beim Schopf gepackt und Raum und Inhalt zusammengebracht hat, und somit auch der Synergie zwischen den drei Institutionen, die im Kultur- und Bildungszentrum Sebastian Haffner zusammenspielen, einen weiteren Handlungsraum verschafft hat.

Momente der Führung im Rahmen der Eröffnung der Ausstellung „Nach Strich und Faden“. Kultur- und Bildungszentrum Sebastian Haffner. Prenzlauer Allee 227/228.
Fotos: Mit freundlicher Genehmigung von ©Maja Peltzer

Und mein DANK auch schon vorweg an alle, die jetzt, wo die Ausstellung steht, wo Raum und Inhalt zusammen passen, wo die Bildwirkereien bereit sind, ihre Geschichte zu erzählen, etwas Zeit investieren und sie weiterempfehlen, von Mund zu Ohr, vom Blog zum Fb, vom Twitter zur WhatsApp, im Gespräch beim Bier oder Wein, Tee oder Kaffee.

Viele von euch sind länger hier als wir, und ihr wisst zur Genüge, wie wichtig es ist, in einer Stadt wie Berlin, in der viele Kunstschaffende viel Kunst schaffen und auf vielen Veranstaltungen zeigen, auf eure Hilfe rechnen zu können. Dafür möchte ich euch ganz besonders danken.

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Wir haben uns vorgenommen, diese erste Gelegenheit auf berliner Boden nach Strich und Faden zu nutzen. Daher möchten wir euch daran erinnern, das es drei kostenlose Führungen gibt, die unter der Woche stattfinden, und für die es keiner Anmeldung bedarf:

Am Do. den 14.09 und am darauffolgenden Donnerstag, den 21.09. werde ich um 18 Uhr durch die Ausstellung führen, und am 28.09 um 11 Uhr, für all diejenigen, die es nachmittags nicht einrichten können.

Ausserdem haben wir uns unter anderem aufgrund der Gespräche während der Ausstellungseröffnung überlegt, dass es interessant wäre, auch die Wochenenden nach Strich und Faden zu nutzen.

DESHALB, und das erzählt bitte weiter, möchten wir sowohl am Sonntag den 17.09, als auch am Sonntag den 24.09. zu einer Matinée einladen.

Ab 12 Uhr werden wir die Ausstellung persönlich begleiten und über die Inhalte der Teppiche hinaus, für etwas spanisches Ambiente sorgen. Ausserdem möchte ich die Gelegenheit nutzen, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Hier ein Vorschlag:

Sonntag, 17.09.17: Zeit ist Geld!? Wie steht es um das Kunsthandwerk?

Ist es vom Aussterben bedroht? Braucht es also Schutz? Und wie kann der aussehen? Wie kann unsere Gesellschaft all denen helfen, die den Faden weiterspinnen, die traditionelles Kunsthandwerk bewahren, damit es kommenden Generationen zur Vefügung steht? Die dem Druck von Wettbewerb, der Wegwerfphilosophie und der Massenproduktion widerstehen und ein anderes Modell verteidigen, in dem die Lagsamkeit kein Makel sondern eine Tugen ist?

Sonntag, 24.09.17: Malerei, Weberei, Wirkerei. Kunst, Kunsthandwerk, Handwerk.

Wie verwand und wie verschieden sind die Malerei und die Bildwirkerei? Durch das Vergleichen der unterschiedlichen Vorgehensweisen gewinnen wir ein besseres Verständnis der Eigenheiten einer jeden Disziplin. Und vielleicht ergibt sich auch ein Gespräch über den Sinn oder Unsinn der Unterteilungen von KUNST_KUNSTHANDWERK_HANDWERK. Begrenzen, eingrenzen, ausgrenzen? Was halten wir davon?

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