berlin _ 952 _ textil

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob es stimmt, dass man aufhören soll, wenn es am schönsten ist. Tatsache ist: es ist gerade richtig schön in den VHS-Kursen. Tatsache ist aber auch, dass es mir mit dem Beginn der Reise durch Europa zu Beginn des kommenden Jahres und den Probefahrten im kommenden Herbst einfach nicht mehr möglich sein wird, die Verbindlichkeit eines VHS-Kurses zu erfüllen.

Das war er also, der LETZTE. Einige der Kursteilnehmenden aus der Runde davor kamen noch bevor die regulären Teilnehmerinnen eintrafen, um ihre Arbeiten abzuschließen und die ausgeliehenen Rahmen zurückzugeben. Das hatte schon etwas von ENDGÜLTIGKEIT.

Schön, die Arbeiten zu sehen, die unvollendet aus dem Kurs gewandert sind, und dann zurückkommen und sich „vorstellen“, in all ihrer Unterschiedlichkeit. Die kleine Landschaft mit der Tiefenwirkung und die geometrische Komposition mit der Überlagerung der Formen und der Transparenz sind zwei schöne Beispiele, wie es unterschiedlicher und schöner nicht sein könnte.

Danke Luzie und Doris, für eure Verbindlichkeit und eure Begeisterung. Vielleicht sehen wir uns ja irgendwann noch einmal wieder. Ich denke euch webend an euren Webrahmen,  und dabei die Welt und das Leben mit all ihren Herausvorderungen und Unerfreulichkeiten für eine  kleine Weile ausblendend und euch erfreuend an dem, was langsam vor euch auf der Kette entsteht.

SCHÖN auch, weil der Kurs voll war. Eine ausgewogene Mischung von neuen und alten „Häsinnen“ (das klingt komisch. Weibliche Hasen werden auch „Zibbe“ genannt, das klingt in meinen Ohren aber noch seltsamer, oder?). Also es gab eben Neulinge: Astrid, Carmen und Luise, die sich das erste Mal am Webrahmen ausprobiert haben, und Deisy, Angela, Steffi und Isabelle, die schon einmal dabei gewesen waren. Allen danke ich für das schöne Wochenende, die Zeit, das Interesse und die Konzentration, mit der sie bei der Sache waren. Ich hoffe, ihnen ein klein wenig von der Liebe zur Bildwirkerei mit auf den Weg gegeben zu haben.

Mich erfüllt Wehmut, bei dem Gedanken, dass es bis zum nächsten Kurs, irgendwo auf Reisen durch Europa, in einem fernen Land, an einem unbekannten Ort eine Weile dauern kann. Ich habe in den vergangenen Jahren gemerkt, wie sehr mir die Weitergabe meines Wissens und meiner Begeisterung am Herzen liegt. Nun, es werden sich Gelegenheiten finden, da bin ich mir sicher. Und irgendwann komme ich ja auch nach Berlin zurück.

Also Schluss mit Jammern und ein letzter Blick in die Runde, um zu zeigen, was alles so passieren kann, während eines Wochenendkurses in Bildwirkerei:

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Diese kleine, klare, charmante Bildwirkerei wurde aus Baumwolle gewebt. Ein bezauberndes Spiel aus einfachen Formen, die sich zu einer schönen Komposition zusammenfügen.

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Erste Bildwirkerei und gleich eine der Formen, die für Weberinnen immer wieder eine Herausforderung darstellen: Der Kreis. Den Rhythmus der Abnahme zu verstehen und darauf zu achten, dass sie symmetrisch geschieht, ist vor allem eine Konzentrationsfrage. Dabei die gleichmäßige Spannung zu bewahren ist gar nicht so einfach, auch wenn es so aussieht. Die zweite Kreishälfte wird in Baumwolle gewebt. Ich bin sehr gespannt,.

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Im Gegensatz zu dieser runden Komposition, eine rechteckige. Auch hier kommt eine reduzierte Farbpalette zum Einsatz. Nach dem wärmenden Gelb ein kühlendes Blau. Es war schön, zwischen den beiden Webrahmen hin und her zu wandern. Was man sehr klar sehen kann, ist der Effekt der Überlagerung. Was auf den Fotos leider nicht so deutlich zu erkennen ist, ist die Art der Verbindung an den langen Vertikalen, die gerade deshalb nicht zu sehen ist, weil sie perfekt ausgeführt wurde.

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Dieser wunderschöne Baum, der uns von den Farben her an einen Gingko erinnert, ist der Nationalbaum Venezuelas, ein Araguaney. Er ist über zwei Wochenenden auf dem Webrahmen entstanden. Den Verlauf der Äste festzulegen und gleichzeitig eine schöne Form der Baumkrone zu modellieren UND die Farbabstufung innerhalb der Krone anzulegen war gar nicht so einfach, vor allem, wen man bedenkt, dass es die erste Bildwirkerei war. Da ist Ruhe und Konzentration  angesagt. Aber das Ergebnis zeigt, dass es geht, und dass es sich gelohnt hat.

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Eine andere Option mehrerer Kurswochenenden hintereinander besteht darin, sich mit unterschiedlichen Themenfeldern in kleinen Übungsstücken zu beschäftigen. Material, geometrische Formen, Farbverläufe, Verbindungstechniken in der Vertikalen, das alles sind Bereiche mit unzähligen Möglichkeiten, die alle anders wirken und alle interessant sind. Wichtig ist, zu entscheiden, welche davon für das jeweils zu webende Bild am SINNVOLLSTEN ist, in Ausführung und Wirkung.

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Manchmal, vor allem dann, wenn der Webrahmen der eigene ist und der Großteil der Arbeit zuhause weitergeführt wird, geht es darum, eine Webvorlage zu besprechen und Entscheidungen zu treffen, zum Material, zu der Zusammenstellung des Arbeitsfadens, zur Farbpalette, der Wirkung, die erzielt werden soll, der Techniken, mit der, wie hier, den Farbverlauf und die Tiefenwirkung erzielt werden sollen.

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Wenn man dann schon eine Weile dabei ist, reizen die Herausforderungen natürlich enorm. Innerhalb einer Arbeit das Material zu wechseln, ist solch eine Herausforderung. Dann auch noch eins zu wählen, dass nicht gerade einfach zu verarbeiten ist, sondern eher etwas störrisch, wie es Metallfäden nun mal sind, macht es nicht einfacher. Aber warum einfach, wenn es auch kompliziert sein kann.

Nicht kompliziert genug? Dann noch ein paar Buchstaben, und die in der Rundung anlegen, damit sich die Steigung der Linien von Buchstabe zu Buchstabe verändert. Das klingt nach Mut, Geduld, gutem Auge, und großer Fingerfertigkeit.

Ganz fertig ist er nicht geworden in den zwei Tagen. Ich bin gespannt auf das Ergebnis. Für die Dicke der Kette, die unsere „Arbeitseinheit“ vorgibt und damit die Dicke der Linien und die Deutlichkeit der „Stufen“ bei den runden Formen, ist diese Komposition eine echt große Herausforderung.

Mir bleibt jetzt nur noch, auf die Fotos der fertigen Arbeiten zu warten und mich zu bedanken, bei Frau Eiffler von der VHS Pankow, der ich die erste Möglichkeit eines VHS-Kurses und eine Ausstellung zu verdanken habe, bei Frau Kugge, von der VHS Tempelhof-Schöneberg, für die gute Zusammenarbeit über die mehreren Semester, die inzwischen zusammengekommen sind; und natürlich bei allen TeilnehmerINNEN _  es war tatsächlich LEIDER kein einziger Mann dabei_  die sich für die Bildwirkerei interessiert haben und sich auf solch ein intensives Abenteuer eingelassen haben.

Ich kann nur hoffen, dass alle am Ende das Gefühl gehabt haben, es hat sich gelohnt. Ich habe sehr viel gelernt, darüber wie unterschiedlich die Zugänge zu ein und demselben Kosmos sein können, wie intensiv es sein kann, diesen Kosmos gemeinsam zu erkunden, und wie verschieden die Ergebnisse sind, mit denen man ihn verläßt.

Wer an Bildwirkerei interessiert ist, an der Entwicklung der KUKUmobils, das mich so intensiv beschäftigt, und des Vorhabens meiner Europareise, der findet hier in diesem Blog immer wieder Information dazu. Ihr seid alle herzlich eingeladen, auch jetzt schon, zu der Abschiedsfeier, wenn die Große Reise tatsächlich beginnt.

 

 

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