berlin _ 1286 _ KUKUmobil

SCHLUSS und PUNKT. Teil VI

So. ‚N halbes Dutzend‘. Das war das Motto dieser Tage, das ich auch für die kleine Berichterstattung übernommen habe.  Dieser sechste Beitrag ist also, so könnte man sagen, der Schlusspunkt unter dem Schlusspunkt.

Alles ist wieder an seinem Platz und der Platz wird immer herbstlicher. Die Kette, die ich vor dem Fest für die kommende Serie aufgezogen hatte, als Zeichen für euch und für mich, dass es weitergehen wird, habe ich gestern nachgespannt. Durch die Luftfeuchtigkeit hatte sich die Baumwolle so entspannt, wie ich das immer tu, wenn es nach der Sommertrockenheit zu regnen beginnt. Luft und Wasser sind meine Elemente. Da, wo sie sich treffen, bin ich glücklich. Die Lichterkette bleibt noch hängen.

Ich habe mir in den letzten Wochen viele Gedanken darüber gemacht, wie ich für mich die Essenz des Vorhabens und damit meinen Auftrag als Wandernde Künstlerin definiere. Mit den Erfahrungen der Probefahrten in der Erinnerung und den Erwartungen des „eigentlichen“ Reisebeginns vor mir.

Vorgestern war ich bei einem Forum kooperatives Stadtmachen. Dabei ging es unter anderem um temporäre Nutzung, Zwischennutzung und Mehrfachnutzung des öffentlichen unbebauten und bebauten Raumes. Das fand ich natürlich spannend, denn  als Nomadin  bin ich darauf angewiesen, Orte zu finden, wie den, an dem ich jetzt mit dem KUKUmobil stehen darf, notfalls sogar so lange wie die Zwischennutzung für diesen ehemaligen Sportplatz, der lange ungenutzt dahindämmerte und irgendwann bebaut werden wird, gilt.

Raumöffner brauchen wir, die solche Orte bereithalten für unterschiedliche Nutzungen, und dies flexibel, unbürokratisch und vertrauensvoll tun.

Vor allem aber Zeitfensteröffner, die zwischen dem Gestern und dem Morgen die Fenster sperrangelweit offenhalten; die für gute Lüftung sorgen, damit es nicht stickig wird.

Und damit das JETZT stattfinden kann. Wenn bei mir irgendetwas irgendwo wurzeln sollte, dann in der Gestaltung des JETZT und HIER, und das ist ein enorm wichtiger Teil meines Selbstverständnisses als Nomadin. Dem JETZT und HIER gilt meine Verbindlichkeit, und der Freiheit, die daraus erwächst. All meine Energie bereitzustellen, um in dem „Durchzug“ den Moment zu fassen, intensiv und authentisch zu gestalten  und dann wieder loszulassen, ist mir immer mehr ein Anliegen.

Natürlich nehme ich an jedem Standort die Vergangenheiten wahr. Sie liegen da, vor mir, werden mir erzählt, sind wahrnehmbar in den Menschen und an den Orten. Aber sie machen mich nicht befangen. Natürlich sehe ich an jedem Ort mögliche Zukünfte. Aus eigener Erfahrung heraus, aus Begegnungen an anderen Orten und mit anderen Menschen. Aber mein Beitrag ist es, davon zu erzählen, immer in der Mehrzahl, so wertfrei, wie möglich. Es ist nicht an mir, die Entscheidung zu treffen welche der Zukünfte für diesen konkreten Ort und in dieser konkreten Zeit am stimmigsten ist. Noch nicht einmal, auf einen Entscheidungsmoment hinzuarbeiten. Aber natürlich ist mir bewusst, dass wir alle in unserem Alltag permanent gefordert sind, Entscheidungen zu treffen, große und kleine.

In der Bildwirkerei lebe ich das sehr intensiv. Da gibt es kein Muster, das ich automatisch wiederholen kann, soll, muß. Es gibt eine Bildidee, eine Erzählung, aber diese in ein anderes Medium zu übertragen bedeutet, dass Material, Technik, Erfahrung und Entscheidung konstruktiv ineinandergreifen. Hätte ich die Bildwirkerei nicht, die mir als Spiegel und als Praxisraum dient, könnte ich das Vorhaben nicht durchführen.

Also noch einmal ein großes DANKE von mir an alle, die in der Verwaltung, in den soziokulturellen Einrichtungen und in der mobilen Stadtteilarbeit solche Orte wie den Ja!Space und damit die Nutzung des Sportplatzes an der Neumagener Strasse möglich machen.

Ich bin gerne dort. Ich genieße die Energie und gebe gerne meinen Teil dazu, dass diese Energie, wie die Fäden der Baldachinspinne, sich weitertragen lassen von der Luft, die dank der offenen Fenster der Zeit zirkulieren kann, um neue Lebensräume zu erschließen.

Und ich bemühe mich, zu verstehen und verständlich zu machen, wie wichtig die Zirkulation für alles ist. Der Kreislauf ist meiner Ansicht nach ein dem Nomadentum zugrundeliegendes Konzept. Nomaden wandern naturgemäß nicht linear, immer weiter und weiter geradeaus, sie wandern meist im Kreis. Sie tun das aus unterschiedlichen Gründen. Aber sie tun das immer mit dem Gedanken, irgendwann an diesen und jenen Ort zurückzukommen. Daher geht ihre Bemühung auch naturgemäß dahin, alles zu tun, dass sie an diesen oder jenen Ort zurückkommen können und dort willkommen sind, wenn es bewohnte Orte sind und dort das vorfinden, was sie brauchen, wenn es Naturräume sind.

Das heißt für mich konkret, in meinem Leben und in dem Vorhaben, alles dafür zu tun, den Kreislauf zu denken und zu leben. Mich immer wieder in der Überzeugung zu bestärken, dass das was ich an einen Ort, an einen Menschen, in einen Kontext gebe, nicht direkt von diesem Ort, diesem Mensch, diesem Kontext zu mir und dem Vorhaben zurückfließen muss. Der Rückfluss kommt oft von einer Seite, die ich gar nicht im Blick hatte und oft auch in einer Form, mit der ich nicht gerechnet hatte. Diese Offenheit der Wahrnehmung und Dankbarkeit in Geist, Seele und Herz zu erreichen ist mein persönliches Ziel, das ich mit diesem Vorhaben verfolge. Wenn ich es dann auch noch schaffe, anderen Menschen diesen Gedanken nahezubringen, dann  wird mich das glücklich machen.

 

 

Dieser Beitrag wurde unter arte, erinnerungen, kukumobil, meinung, opinión, recuerdos veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert