berlin _ 945 _ Gedanken

EIGENTLICH…. ich weiss nicht, wie viele Beiträge ich schon mit diesem Wort begonnen habe. Sicherlich nicht wenige. Dabei habe ich heute im Internet gelesen, dass es zu jenen Wörtern gehört, die man „eigentlich“ nicht benutzen sollte, wenn man eine klare und überzeugende Kommunikation anstrebt…. weil diesem Wort, aus einem bestimmten Verständnis heraus, ein Hauch von Unsicherheit anhaftet; etwas Ängstliches oder Kraftloses anhängt, es ein Hintertürchen offen läßt….

Ein Hintertürchen wofür? Wenn ich dieses Wort benutze, ist es immer dann, wenn die Realität abweicht von Planung und Erwartung; wenn Leben sich den Raum nimmt, den es sich manchmal nimmt, unersättlich, irrational, unvorhergesehen…. Ja, Leben schleicht sich oft durch die Hintertür in den Alltag, legt uns kleine Stolpersteine in den Weg oder baut sich breitbeinig hinter uns auf, klopft uns herausfordernd auf die Schulter und zwingt uns, ihm ins Gesicht zu sehen. Manchmal kommt es auch ganz unscheinbar durch diese Tür, um sich in den Schatten zu stellen und uns helfend unter die Arme zu greifen, wohlwollend darum bemüht, uns wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

EIGENTLICH hat, laut Duden, eine fast zwillingshaft doppelte Bedeutung: 1. steht es für: im Prinzip, im Grunde, in Wirklichkeit, in Wahrheit…… oder 2. kennzeichnet es einen meist halbherzigen, nicht überzeugenden Einwand, weist auf eine ursprüngliche, aber schon aufgegebene Absicht hin.

Für mich ist es eins der magischen Wörter, die Brücken bauen. Brücken zwischen der theoretischen Welt absoluter Essenz, des Ursprungs, der Ideen und Ideale, und der realen Welt, die so vieles relativiert in ihrer Komplexität, ihrer Unvorherseh- und -sagbarkeit.

Vielleicht ist dieses Wort deshalb so wichtig für mich, als Wandernde zwischen den Welten. Wenn ich EIGENTLICH benutze, dann also nicht als Abschwächung dessen, was ich will, aus Halbherzigkeit oder sogar Resignation. Wenn ich EIGENTLICH benutze, dann aus Ehrlichkeit und Beharrlichkeit, denn dem Leben und allem was es bedeutet Raum zu bieten führt nicht selten dazu, dass ich mich mit Demut vor ihm verbeuge, um auf meine Zehenspitzen zu schauen, auf das Jetzt und Hier, auf das kleine Fleckchen Raum und Zeit, dass ich auszufüllen vermag mit meinem Sein; und mich mit Dankbarkeit aufzurichten, um in der Rückbesinnung auf dieses Sein den Blick wieder auf dem ruhen zu lassen, was meinem Leben Sinn und Ziel gibt.  Eine Übung der Geschmeidigkeit.

EIGENTLICH wollte ich mit dem Bautagebuch zum KUKUmobil beginnen, jetzt, nach dem ersten Baumonat. Aber das hätte mich ganz vielen meiner mir ureigensten Eigentlichkeiten begonnen. Das fand selbst ich verwirrend. Daher war es mir ein Bedürfnis, diese kleine Gedankenschleife zu knüpfen. Das Tagebuch läuft uns nicht weg. So versteht es sich vielleicht besser.

Denn EIGENTLICH…..

 

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