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Es gibt diese Momente im Leben, da denkt man, die Welt müsse stillstehen. Nicht nur für einen selbst. Sondern für jeden einzelnen von uns. Still stehen weil das Unfassbare Raum und Zeit braucht, um fassbar zu werden.

Still stehen. Und erst dann wieder beginnen sich zu drehen, wenn das Sandkorn im Getriebe der Menschlichkeit gefasst und ausgesondert wurde.

Und dann wundert man sich, dass dem nicht so ist. Dass an einem Ort Menschen auf Menschen schießen, und an anderen Orten Menschen ganz normale Dinge tun, wie sie sie jeden Tag tun. Dass Mensch das kann. So zu sein, oder so, oder ganz anders.

Und alles findet zeitgleich statt. In meinem kleinen Kosmos feiern Menschen Karneval, spielen mit ihren Kindern und treffen Freunde. Ich lese Bücher, plane meine Reisen der kommenden Wochen und webe Bilder. Und überall schwingt das Unfassbare mit.

Gestern. Generalprobe an der Neuen Nationalgalerie für die Performance am 08.03.2022.

Ein weiteres Jahr fordern wir:

  • Anerkennung der Leistungen von Künstlerinnen aller Jahrhunderte bis heute
  • Gendergerechte Gestaltung von Ankaufs- und Ausstellungstätigkeiten
  • Steigerung der Werkpäsenz weiblicher Autorenschaft in Schausammlungen und Ausstellungen – im zeitgenössischen Bereich 50%
  • Förderung von Forschungsprojekten und Publikationen zu Künstlerinnen
  • Etablierung und Fortschreibung einer bundesweiten Künstlerinnen-Datenbank im Ressort der Staatsministerin für Kultur und Medien 
  • Aufarbeitung und Neuschreibung kunsthistorischer Publikationen und Lehrbücher der Vergangenheit 
  • Einführung von deutlich mehr und gezielten Förderungen und Preisen für Künstlerinnen aller Altersstufen
  • Abschaffung von Altersbeschränkungen bei Ausschreibungen 
  • Förderprogramme für Künstler*innen mit Erziehungs- und Care-Aufgaben, sowie die Entwicklung von Förderprogrammen zur gezielten Unterstützung des Wiedereinstiegs nach familienbedingter Auszeit aus aktuellem Anlass nicht-elitäre Förderungen z. B. der staatlichen Stiftung Kunstfonds, die auch die soziale und wirtschaftliche Situation insbesondere von Künstlerinnen in Augenschein nehmen.

www.fairshareforwomenartists.de

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UNSERE EINLADUNG:

Am 08.03.2022 werden wir uns um 14 Uhr an der Neuen Nationalgalerie treffen, 110 Frauen, 110 Künstlerinnen.

Wir stehen stellvertretend für 110 Künstlerinnen, die wir vermissen. 110 Künstlerinnen, die ein hervorragendes Werk geschaffen haben. Ebenso hervorragend, wie ihre männlichen Zeitgenossen. 110 Künstlerinnen, deren Werk es verdient hat, dem breiten Publikum gezeigt zu werden.

110 Künstlerinnen, die allen Vorurteile und allen Ungerechtigkeiten zum Trotz ihren künstlerischen Weg gegangen sind. Schon allein darum haben sie es verdient, gesehen zu werden.

Sie, und all die unsichtbaren Frauen, die darum kämpften und kämpfen, gesehen zu werden.

Jede von uns wird an diesem 08.03.2022 stellvertretend für eine unserer Vorkämpferinnen stehen. Jede von uns hat sich einen Namen aus der Liste herausgesucht. Jede von uns kann berichten….. Sprecht uns an!

Nach der Performance geben wir gerne vor der Neuen Nationalgalerie Auskunft über diese 110 Künstlerinnen, deren Werk wir drinnen nicht finden werden.

Zum Beispiel…….

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HELENE SCHJERFBECK

Ich habe vor vielen Jahren den Katalog ihrer Ausstellung in „The Finish National Gallery Ateneum“, 1992, in die Hände bekommen und war vollkommen von ihr begeistert. Es hat mich gefreut ihren Namen auf der Liste zu sehen, und es ist mir eine Ehre, ihre Stellvertreterin sein zu dürfen.

Ich habe aus dem Internet einige ihrer Werke zusammengesucht, damit ihr nachvollziehen könnt, warum ich so angetan bin von dem Werk dieser Frau, das mich zutiefst berührt in seiner Kraft:

1902 zieht Helene Schjerfbeck, damals 40-jährig, mit ihrer Mutter nach Hyvinkää, einen kleinen, friedlichen Industrieort – weitab von der Kunstszene samt ihren Querelen.

Adriane von Hoop schreibt dazu: „In der selbstgewählten Einsamkeit findet Schjerfbeck zu einer neuen Malweise. Schon in ihren frühen Bildern reichten sparsame Mittel und die Konzentration auf das Wesentliche aus, um atmosphärische Dichte zu erzeugen. Nun beginnt sie die Welt zu malen, wie sie sie in ihrem Innern sieht und empfindet. Dabei reduziert sie ihre aus flächigen Elementen aufgebauten Motive auf das Nötigste und erreicht so eine enorme Intensität.“

Sie selbst schreibt 1921: „Jetzt, da ich so selten die Kraft habe zu malen, habe ich mit einem Selbstporträt begonnen“, schrieb sie 1921 an einen Freund. „So habe ich immer ein Modell zur Verfügung, obwohl es ganz und gar nicht angenehm ist, sich selbst ins Auge zu blicken.“

In den rund 40 Selbstportraits zeigt sie auf eindrückliche Weise ihre eigene Verletzlichkeit und die mit dem Altern einhergehenden Veränderungen. Gleichzeitig sind sie ein hervorragendes Zeugnis ihrer künstlerischen Entwicklung.

Nun, inzwischen ist Helene Schjerfbeck keine Unbekannte mehr. 2020 entstand ein Film, der uns einen Teil ihres Lebens erzählt….. ich habe ihn selbst leider noch nicht gesehen. Wenn es sich mal ergibt, werde ich es nachholen.

Derweil bleiben mir ihre Bilder.

Based on Rakel Liehu’s 2003 novel of the same name, HELENE tells the real-life story of celebrated Finnish painter Helene Schjerfbeck and her star-crossed romance with art critic Einar Reuter, who later became her biographer. In 1915, Helene Schjerfbeck is a forgotten artist, living with her elderly mother in the Finnish countryside. Years have passed since her last exhibition, and while Helene continues painting, she has given up hope of pursing it as living. When an art dealer rediscovers Helene’s work and decides to organize a large solo exhibition, she is reinvigorated. And when she meets young amateur painter and art critic Einar Reuter, a passionate admirer of her art, he becomes Helene’s confidante and, despite their age difference, the unfulfilled love of her life. A vibrant portrait of a bold, talented and fiercely determined woman, HELENE covers a key period in Schjerfbeck’s artistic development as we see her grow more independent and a stronger artist than ever before.

DIR/SCR/PROD Antti J. Jokinen; SCR Marko Leino, from the novel by Rakel Liehun; PROD Mikko Tenhunen. Finland/Estonia, 2020, color, 122 min. In Finnish with English subtitles.

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