unterwegs _ 778 _ Oberlausitzer Fundstücke

Die Sage vom Wundervogel auf der Lausche

Eine Sage über die Lausche lautet so: Nur ausgesprochen selten lässt sich auf der Lausche ein Vogel von wunderlicher Gestalt beobachten. Sein Kopf und Schnabel scheinen von einem Lämmergeier zu stammen, die großen Fittiche vom Fregattvogel, der Schwanz vom Sekretär und der Ständer vom Storch. Das wunderschöne Gefieder ist von einzigartiger Farbenpracht. Dieses so seltsame anmutende Tier ist nichts anderes als ein mit einem bösen Fluch belegter Prinz aus dem Böhmerlande. Der Jüngling galt wegen seines schönen Gesichtes und der reizenden Gestalt, der Fertigkeit in allen Künsten und Wissenschaften seiner Zeit, der menschenfreundlichen und wohltätigen Wesensart als das vollkommene Leitbild eines Fürsten. Nur ein Laster haftete ihm an, er frönte etwas zu übereifrig der Jagd.

Es geschah bei einem Streifzug an den Ausläufern der Lausche. Zur Mittagsstunde umkreiste ein majestätischer Adler den Berg. Vom Bogen des Prinzen ausgesandt traf ein weit wie niemals zuvor fliegender Pfeil den König der Lüfte und dieser stürzte aus dem Himmel gen Boden. Der unglückliche Zufall wollte es, dass er in einen damals auf der Lausche befindlichen Garten eines Zauberers fiel. Der in den schwarzen Künsten bewanderte Mann schreckte durch das dabei verursachte Getöse aus seinem Mittagsschlaf empor und ward wütend über die Schäden an den Sträuchern und Blumen. Als er den Schützen mit seinem Bogen gewahr, griff der Magier zu seinem Zauberstab, berührte ihn damit und sprach die Worte: „Sei einer des Geschlechts, wovon du einen getötet, so lange, bis dich ein Jäger, der seiner Herrschaft nie etwas veruntreut hat, erlegt!“ Der Prinz wartet bis zum heutigen Tag auf seine Erlösung.

Frank Nürnberger: Die Sage vom Wundervogel auf der Lausche. In: Großes Oberlausitzer Sagenbuch. Oberlausitzer Verlag Frank Nürnberger, Spitzkunnersdorf 1998, ISBN 3-933827-01-9, S. 34–35.

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