Eigentlich gibt es nach vier Jahren Berlin keine Entschuldigung mehr dafür. Fakt ist aber, dass mich, wenn ich auf die Landkarte schaue, nach wie vor ein kurzer Moment der Orientierungslosigkeit überkommt, wenn ich von Berlin aus eine Reise plane, erst recht, wenn sie in den Osten geht. Absolutes Neuland. Immer noch. Immer wieder.
So spannend, und so viel zu entdecken. Ich werde nicht alles schaffen können in der Zeit, bevor die Reise mit dem KUKU_mobil, der WanderndenWebWerkstatt beginnt.
Aber das ist auch gut so, dann bleibt Vieles zu entdecken und zu erkunden wenn der Tag kommt, an dem ich mit dem Anhänger durch Deutschland trampe auf dem Weg in den Osten Europas, auf der Suche nach interessanten Webstationen, auf den Spuren textiler Vergangenheit…..
Jetzt aber erst einmal zur Oberlausitz. Neuland. Erster Besuch. Für jemanden aus dem Ruhrgebiet ist die Tagebauproblematik nicht neu. Für jemanden, der die vergangenen Jahrzehnte in einem Land gelebt hat, das von Landflucht gebeutelt wurde und wird, miterlebte, wie ländlichen Räume langsam ausbluten, selbst den Sprung getan hat von Stadt zum Land und erleben konnte, wie komplex und kompliziert dieser Schritt sein kann…. klingt viel an auf dem Weg in die östlichste Region Deutschlands, am Dreiländereck mit Tschechien und Polen.
Ziel ist Großschönau. Textilstadt. Klar. Sonst hätte ich nicht so leicht den Weg hierher gefunden.
Wenn man aus dem lauten, quirligen Berlin hierher kommt, ist die Ruhe und Überschaubarkeit erst einmal sehr erholsam. Und da ist Großschönau ein wunderbares Beispiel, denn es bietet eine fast idyllisch anmutende Kulisse mit der üppigen Natur und seinen Umbebindehäusern im gepflegten Stadtkern.
Natürlich wissen wir alle, dass die Welt anders aussieht, wenn man die Besucherbrille abnimmt, durch die zwar sehr genau geschaut werden kann, aber eher auf der Oberfläche des Gesamtbildes.
Wenn es dann zu einem Blick in die Tiefe kommen kann, um ein längeres Verweilen, eine Auseinandersetzung mit den Menschen vor Ort, erst dann bekommt der erste Eindruck eine neue Dimension.
Dazu hatte ich an diesem letzten Wochenende im Oktober keine Zeit. Ich war dort, um einen Intensiv-Webkurs zu geben, ich hatte gerade mal Zeit, um diese wenigen Schnappschüsse bei Tageslicht zu machen, auf dem Weg von der Unterkunft zum Ort des Kurses.
Genug, um meine Neugier zu wecken. Genug, um mir Gedanken zu machen, auf welchen Wegen mich das Leben wieder hierher führen könnte, genug, um zurückzukommen.
Soweit der kurze Besucherblick. Nicht mehr als ein Pinselstrich. Juanjo hatte Zeit, eine Wanderung bis auf die Lausche zu tun, den höchsten Berg des Zittauer Gebirges. Er hat sogar die Alpenspulwurmbeobachtungsplattform erklommen (ein tolles Galgenmännchenwort, fast noch besser als Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitän, das kennen wir alle schon).
Danke an Steffi Friebolin, die massgeblich dafür verantwortlich ist, dass ich dieses Zipfelchen Welt für mich entdeckt habe.
Sie hat an einigen meiner VHS-Kurse teilgenommen, weil sie ihre Ausbildung zur Handweberin durch eine Exkursion in die Welt der Bildwirkerei ergänzen wollte. Sie arbeitet am Deutschen Damast- und Frottiermuseum in Großschönau und hat mir viel erzählt über ein spannendes Projekt für die Zukunft: die Wiederbelebung der Webschule.
Davon erzähle ich euch im nächsten Beitrag, damit es hier nicht zu lang wird.