welt _ 759 _ natur _ labyrinth

Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gieb ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

Rainer Maria Rilke

Zwei südlichere Tage hat das Leben mir geschenkt. Ohne genau zu wissen, wozu und wohin, bin ich am Montag auf eine geographisch lange und weite Reise gegangen. Quer über Deutschland von Berlin nach Paris und dann mit Zug und Bus in den Süden, den goldenen Süden. Bis nach Vaunières, département Hautes-Alpes, région Provence-Alpes Côte-d Azur…..

Dort, in einem Jugenddorf der Solidarités Jeunesses fand ein Treffen im Rahmen des INVOLVE-Projekts statt, mit dem ich in den vergangenen eineinhalb Jahren verbandelt war. Es war spannend, auch bei diesem Treffen noch einmal dabei gewesen zu sein.

Nun ist auch diese Verbindlichkeit fast an ihrem Ende angekommen, das Projekt fast ausgelaufen. Ein weiterer Faden, der bald eingewebt wird in das Gewebe der Vergangenheit.

Zwei Tage waren mir geschenkt. Einen davon habe ich mir auserbeten, um mich in der Natur zu verlieren. Das WinzigKleine und das UnendlichGroße gleichzeitig in mir zu spüren, und die damit verbundene tiefe Demut und Kraft des Lebens.

Auf 1800 m Höhe, unter mir das Dorf, neben mir ein Steinadlerpaar im Gleitflug und über mir das Blau, habe ich ein kleines Labyrinth gelegt. In tiefer Verbundenheit mit diesem Ort und diesem Moment. Eine tiefe Ruhe in mir.

Viele Dinge finden in solch einem Moment, in solch einem Rahmen, ihre eigentliche Dimension wieder.

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