Vor einem Jahr sah es so aus an meinem Webstuhl. Mit viel Mühe hatte ich einen ersten Anstoß gegeben, die ersten Farben und Formen festgelegt, zögerlich die Raute ausprobiert und war mir bewußt, dass ein langer Weg vor mir liegt. Wie herausfordernd die Umsetzung des Offenen Ateliers inmitten des KMH-Kosmos sein würde, konnte ich nicht abschätzen, das haben Experimente so an sich.
Ein Jahr schien mir eine gute Zeit, überschaubar, ein Zeitraum, auf den man sich einlassen kann, ohne seine Lebenszeit zu seht zu „hypothekieren“. Ein Jahr nach Beginn des Lockdowns habe ich es trotz der allerbesten Vorsätze nicht geschafft, den Teppich fertig zu weben. Leben ist unvorhersehbar, Leben ist selten geradlinig, Leben ist wie es ist.
Für mich ist Weben Leben und Leben Weben. Beides bedingt sich, beides ist so sehr miteinander verschmolzen wie siamesische Zwillinge. Ob sie überlebensfähig sind, wird gerade das Leben mir zeigen. Eine Trennung kommt mir nicht in den Sinn. Alleine bei der gedanklichen Übung, mich in der Situation zu sehen mich _für den Fall der Fälle _ für das eine oder das andere entscheiden zu müssen, sträubt sich alles in mir mit solch einer Vehemenz, dass ich kaum Luft bekomme.