Ich weiss nicht, ob es euch auch so geht, wenn ihr andere Städte besucht, aber mich hat es nicht überrascht, dass mein Blick auf Madrid diesmal durch eine berliner Brille leicht getönt war. Nicht, dass ich beide Städte im Vergleich gegeneinander ausspielen würde. Das macht keinen Sinn, denn jede von ihnen steht für mich für einen Teil eines Lebens, für Erfahrungen, Menschen, Gefühle.
Aber ich bin mir nicht sicher, ob das Thema Fahrrad so viel Aufmerksamkeit bei mir geweckt, und meine Wahrnehmung derart auf bestimmte Dinge gelenkt hätte, wenn ich mich nicht derzeit zu den vielen Tausenden berliner FahradnutzerInnen zählen würde.
Auch wenn ich es mir nach wie vor nicht zutrauen würde, in Madrid mit dem Fahrrad unterwegs zu sein, find ich es faszinierend, wie viel sich in dieser Stadt verändert, damit sie irgendeinmal so werden kann, dass selbst ich mich sehen, wie ich gemütlich durch ihre Strassen radel.
In den nächsten Monaten wird der Durchgangsverkehr in einen weiten Bogen um die Altstadt gelenkt. Das ist sicherlich ein heisses Eisen für die Lokalpolitik. Denn es wird nicht nur Zustimmung geben, unter den Bewohnern, den Inhabern von Ladenlokalen, Restaurants und dergleichen. Die nächsten Wahlen stehen im kommenden Frühling bevor. Auch wenn ich die Geschehnisse in Madrid nicht mehr mit so viel Interesse verfolge, seit ich in Berlin lebe, bin ich doch mit ihr verbunden, sei es auch nur weil es die Stadt ist, in der meine Kinder zur Welt gekommen sind. Und das meine ich nicht nur, hinsichtlich dessen, was auf ihrem Geburtsschein oder in ihrem Pass steht, sondern mich daran erinnernd, wo ich während der Schwangerschaft Erleichterung vor der Hitze gesucht und manchmal sogar gefunden habe; wo wir langgelaufen sind, auf dem Weg zum Krankenhaus, als die Wehen einsetzten; wo ich stille Eckchen zum gemütlichen Stillen fand und wir mit Freunden die ersten Kindergeburtstage gefeiert haben.
Würden wir heute noch dort leben, dann wäre der voll im Renaturalisierungsprozess befindliche Flusslauf des Manzanares sicherlich einer der Orte, an dem wir hin und wieder unsere Picknickutensilien ausbreiten würden, um den Enten beim Schnattern zuzuhören, uns von den Moskitos stechen zu lassen und den Blick zu geniessen, der sich von hier aus auf einen Teil der Stadt bietet.
Zu meiner Zeit war der Manzanares ein aufgestauert Kanal mit mehr oder weniger hohem Wasserspiegel, aber auf alle fälle ohne jedes Anzeichen von Vegetation. Auch hier streiten sich die gemüter. Die Anwohner klagen über die Mückenplage , die Kanufreunde über den Verlust der Übungssterecke. Ich finde, Madrid, das eh mit Grünflächen nicht übermässig bestückt ist, sollte froh sein, diesen Grünstreifen wiederzugewinnen, mit all seinen tierischen und pflanzlichen Bewohnern. Und ganz nebenbei ist dort eine lange Promenade zum Flanieren und Radfahren entstanden, die zumindest an dem Wochenende als ich dort war, extrem gut besucht war. Zumindest die Besitzer der Terrassencafés, denk ich mal, werden sich mit Kritik zurückhalten.