Vor drei Tagen schrieb ich: „Geschichte wiederholt sich“. Genauer hätte ich schreiben sollen „MENSCH wiederholt sich“. Leider.
Abgesehen von der eigenen Orientierungslosigkeit in dieser Zeitenwende und dem Gefühl, wegzusacken ins Bodenlose, tauchen Fäden auf aus der nahen und fernen Vergangenheit und verknüpfen sich. Leid. Trauer.
Vor einigen Tagen schrieb ich auch über das Wiedersehen mit Anna Brägger, die ich 2017 in Berlin anläßlich einer Ausstellung im MEK kennengelernt hatte.
Fäden, die sich miteinander verknüpfen. Fäden, die versuchen, die Welt zu verstehen und zu erzählen. Mahnend. Gegen das Vergessen. In der Hoffnung, die Erinnerung möge MENSCH vor der Wiederholung bewahren.
„1000 Tücher gegen das Vergessen“
Das Massaker von Srebrenica, schreckliche Höhepunkt der Jugoslawienkriege, die Anfang der 1990er entbrannten, kostete über 8.000 Menschen das Leben. Der Krieg forderte unzählige Opfer, deren Schicksal bis heute noch nicht vollständig aufgeklärt ist, er zerriss Familien und Gemeinschaften und löste eine Fluchtbewegung aus. Nachbarn haben hier Nachbarn bekämpft, Volksgruppen, die zuvor Jahrzehnte friedlich zusammengelebt hatten, wurden von nationalistischen Parteien aufeinandergehetzt.
Das Fazit der Jugoslawienkriege sind weit über 100.000 Tote und eine Region, deren Wunden bis heute nicht verheilt sind.
Vom 6. März bis zum 28. Juni 2020 zeigte das Trierer Kultur- und Kommunikationszentrum Tufa die Ausstellung „1000 Tücher gegen das Vergessen“, ein soziokulturelles Ausstellungsprojekt, das die Künstlerin Anna S. Brägger gemeinsam mit kriegstraumatisierten Frauen aus dem Westbalkan in Berlin entwickelt hat.
Die Frauen haben Tücher mit den Namen, Lebensdaten und Lieblingsmotiven ihrer ermordeten Freunde und Familienmitglieder bestickt und diese Tücher zu einer mittlerweile 47 Meter langen „Rolle des Gedenkens“ zusammengefügt. In Trier wird die Rolle des Gedenkens mit Texten zum Zeitgeschehen, Hörstationen mit den Lebensberichten der Frauen und Landschaftsfotografien von Nino Nihad Pusica ausgestellt.
Links zum Text:
SüdOst Europa Kultur e.V. mit der Genesis des Projektes
Der Dokumentarfilm zum Projekt
TUFA Trier
Es gibt Momente im Leben, die fühlen sich an, wie wenn man verwaist. Fixpunkte unseres Lebens gehen, hinterlassen eine bodenlose Leere. Die Eltern, manchmal die Partner, aber auch Ideale, Überzeugungen, Visionen…. Ich erinnere mich, dass mich dieses Gefühl ganz stark erfüllte, nachdem wir in Spanien, wie überall auf der Welt, am 15. Februar 2003 vor dem Irakkrieg zu Tausenden auf die Straße gingen, mit dem „No a la guerra“. Und dann kam er doch, der Krieg im Irak.
Damals fühlte ich mich verwaist. Jetzt fühle ich mich verwaist. Eine große Leere ist geblieben…….
Weil ich auf der Suche bin nach Orientierung und Anna aus der Schweiz kommt, passt vielleicht das folgende Video, als eine weitere Stimme in diesen so düsteren Zeiten……
Europas Verantwortung für eine Friedensperspektive
Gerald Häfner·25. Februar 2022